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Diese Seite im Überblick
Die Höhe deiner Schulden ist fast egal
„Zahlungsunfähig? Das kann mir nicht drohen!” Hast du ein gesichertes Einkommen, ist es verständlich, wenn du das denkst. Sobald du länger arbeitslos bist oder wegen eines Unfalls pflegebedürftig, können bestehende Schulden aber deine finanzielle Existenz gefährden – Zahlungsunfähigkeit droht.
Bist du nicht in der Lage, die Raten deiner Verbindlichkeiten zu bezahlen, kannst du die Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens beantragen. Dabei ist es vollkommen egal, wie hoch deine Schulden sind. Das Gesetz macht dir keine Vorschriften. Du entscheidest, ob du in die Privatinsolvenz gehst, an deren Ende du deine Schulden los bist.
Wann eine Privatinsolvenz sinnvoll ist und wann nicht
Auch wenn du unabhängig von der Höhe deiner Schulden die Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens beantragen kannst, ist diese nicht unwesentlich. Expert:innen raten von einem Antrag in der Regel ab, wenn du deinen Gläubigern nur wenige tausend Euro schuldest.
Denn während des Verfahrens kommen Kosten für das Gericht und den oder die Insolvenzverwalter:in beziehungsweise eine:n Treuhänder:in auf dich zu. Mit 2.000 € kannst du rechnen. Sollten deine Schulden nicht wesentlich höher sein, ist es unter Umständen sinnvoll, mit diesem Geld deine Verbindlichkeiten zu begleichen.
Auch wenn du jung bist, solltest du dir genau überlegen, ob du deine Schulden mithilfe eines Privatinsolvenzverfahrens abtragen möchtest. Als Abiturient:in, Auszubildende:r oder Student:in ist dein Konto vielleicht aktuell nicht prall gefüllt. Es ist aber absehbar, dass du in ein paar Jahren mehr verdienen und deine Verbindlichkeiten mit deinem Einkommen tilgen können wirst.
Ist eine Privatinsolvenz für dich die beste Lösung ist, musst du folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Du bist nicht selbstständig oder freiberuflich tätig. Ausnahme: ehemalige Selbstständige, die nicht mehr als 19 Gläubiger haben.
- Du kannst deinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen beziehungsweise deine Zahlungsunfähigkeit droht.
- Dir wird bescheinigt, dass ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit deinen Gläubigern (hierzu liest du weiter unten mehr) gescheitert ist.
Anzahl der Privatinsolvenzen in Deutschland
- 2021 – 109.031
- 2020 – 56.324
- 2019 – 86.838
- 2018 – 88.995
- 2017 – 94.079
- 2016 – 100.984
- 2015 – 107.919
Diese Daten hat die Wirtschaftsauskunftei CRIF erhoben. Den Ausreißer nach unten im Jahr 2020 erklärt sie sich mit einer Änderung, die 2021 in Kraft getreten ist. Seitdem beträgt die Laufzeit von Privatinsolvenzverfahren nur noch 3 Jahre, zuvor sind es 6 Jahre gewesen. Zahlungsunfähige Privatpersonen können sich seitdem in der Hälfte der Zeit von ihren Schulden verabschieden. Deswegen hätten im Jahr 2020 viele ihre Anträge zurückgehalten, folgert CRIF.
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Hol dir CLARKSchuldenvergleich: Versuche es erst einmal außergerichtlich
Bevor du die Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens beantragen kannst, musst du dich als Schuldner:in um eine außergerichtliche Einigung bemühen – den sogenannten Schuldenvergleich. Dabei unterstützt dich ein Anwalt oder eine Anwältin.
Außergerichtliche Einigungen können generell eine gute Alternative zur Privatinsolvenz sein – vor allem dann, wenn dein Schuldenberg noch nicht so groß ist. Um eine Einigung zu erzielen, verhandelst du mit den Menschen und Unternehmen, denen du Geld schuldest.
Unter Umständen sind sie zu einem Vergleich bereit, erlassen dir einen Teil deiner Schuld und ihr erzielt ein besseres Ergebnis, als es mit einem Insolvenzverfahren möglich wäre.
Vorteile eines außergerichtlichen Vergleichs
Schuldner:in | Gläubiger |
Schneller schuldenfrei | Größerer Betrag von Schuldner:in möglich, weil er oder sie Kosten spart |
Spart Verfahrenskosten | Spart Zeit für das Verfahren |
Privatinsolvenz: Ablauf und Dauer des Verfahrens
Einigen sich du und deine Gläubiger nicht außergerichtlich, kannst du die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens – ein anderes Wort für Privatinsolvenzverfahren – beantragen. Das Verfahren dauert seit 2021 in der Regel 3 Jahre und läuft wie folgt ab.
Antragstellung
Den Antrag stellst du beim Insolvenzgericht und beantragst im selben Atemzug Restschuldbefreiung.
Feststellung
Während des Verfahrens wird die Höhe deiner Schulden förmlich festgestellt.
Verteilung
Besitzt du pfändbare Vermögenswerte, werden diese zu Geld gemacht. Das wird an deine Gläubiger verteilt. Mehr zu pfändbaren Vermögenswerten liest du weiter unten.
„Wohlverhaltensphase”
Sie dauert, wie das Insolvenzverfahren, meist 3 Jahre und ist mit strengen Regeln verbunden. So darfst du während dieser Phase keine neuen Schulden anhäufen.
Einkommen abtreten
Erzielst du im Laufe des Verfahrens pfändbares Einkommen, musst du es an eine:n Treuhänder:in beziehungsweise Insolvenzverwalter:in abtreten. Diese Person verteilt es an deine Gläubiger. Mehr zu pfändbarem Einkommen liest du weiter unten.
Restschuldbefreiung
Konntest du bis zum Ende der Privatinsolvenz nicht deine kompletten Schulden begleichen, wird dir der Rest erlassen.
Gut zu wissen
Die Restschuldbefreiung gilt grundsätzlich für alle Schulden, die du bei Eröffnung des Verfahrens hast. Auch Steuerschulden zählen dazu. Ausnahme sind Schulden, die entstanden sind, weil du vorsätzlich eine Straftat begangen hast. Schuldest du jemandem wegen einer Körperverletzung Schmerzensgeld, musst du das weiterhin zahlen.
Diese Nachteile hast du während einer Privatinsolvenz
Hast du dich für eine Privatinsolvenz entschieden und das Verfahren läuft, erwarten dich herausfordernde Jahre. Dem großen Vorteil, am Ende frei von Schulden zu sein, stehen Nachteile gegenüber:
- Auf dich kommen rund 2.000 € Verfahrenskosten für das Gericht, den oder die Treuhänder:in beziehungsweise den oder die Insolvenzverwalter:in und gegebenenfalls deine:n Anwält:in zu.
- Diese Kosten trägst du auch, wenn du aus dem Insolvenzverfahren fliegst, weil du Auflagen nicht erfüllt hast.
- Der Abschluss von Verträgen in dieser Phase für dich erschwert.
- Dein:e Vermieter:in erfährt unter Umständen von deiner Zahlungsunfähigkeit, wenn deine Mietkaution verpfändet wird.
- Sollte dein Lohn verpfändet werden, weiß auch dein Arbeitgeber über deine finanzielle Lage Bescheid.
- Ein Teil deines Einkommens wird für die Dauer des Verfahrens verpfändet und an deine Gläubiger verteilt. Dein Lebensstil wird eine ganze Zeit lang bescheiden sein. Dazu liest du im nächsten Abschnitt.
Einkommen und Vermögen: So viel bleibt dir zum Leben
Während deines Privatinsolvenzverfahrens wirst du finanziell keine großen Sprünge machen können. Du musst für ein paar Jahre ein sparsames Leben führen.
Der Teil deines Nettoeinkommens, der über der Pfändungsfreigrenze liegt, wird verpfändet und an deine Gläubiger verteilt. Die Grenze wird gemäß § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO) ermittelt.
Wie viel deines Nettoeinkommens du behalten darfst, hängt von dessen Höhe und der Anzahl der Personen, für die du Unterhalt zahlst, ab – Kinder zum Beispiel. Diesen Betrag entnimmst du der Pfändungstabelle, die jährlich zum 1. Juli aktualisiert wird. Du findest die Tabelle auf der Website des Bundesministeriums der Justiz.
Es gibt auch Einkünfte, die nicht oder nur bedingt pfändbar sind. Das regeln § 850a und § 850b der ZPO. Hier ein paar Beispiele:
- Erziehungsgelder
- Studienhilfen
- Blindenzulage
- Sterbebezüge
- Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen
- Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen
Strenger als beim laufenden Einkommen sieht es beim Vermögen aus. Das darfst du grundsätzlich nicht behalten, es wird verpfändet. Besitzt du eine Wohnung, wird sie in der Regel versteigert. Dein Auto kannst du unter Umständen behalten. Das ist beispielsweise der Fall, wenn du es brauchst, um zur Arbeit zu kommen oder du wegen einer schweren Behinderung darauf angewiesen bist. Es kann jedoch sein, dass du es austauschen musst, wenn es sich um ein sehr wertvolles Modell handelt.
Haftung für Ehegatten bei Privatinsolvenz und Rechtsschutz
Generell gilt bei einer Insolvenz: Jede:r haftet nur für seine/ihre Schulden. Das ist auch bei Ehegatten so. Allerdings kann es sein, dass du als nicht verschuldete:r Ehepartner:in während des Privatinsolvenzverfahrens einen Teil der Schulden begleichen musst. Das ist bei Verträgen und Krediten, die beide Partner:innen gemeinsam abgeschlossen haben, der Fall.
Außerdem ist es möglich, dass du einen Teil oder die gesamten Verfahrenskosten für deine:n insolvente:n Ehepartner:in übernehmen musst.
Knifflig wird es, wenn es um die Verpfändung von Gegenständen geht. Lebt ihr zusammen, nutzt ihr dieselben Dinge – Möbel, Fernseher, Notebook und einiges mehr – gemeinsam. Allerdings gehört nicht alles euch beiden. Manches hat ein:e Ehepartner:in alleine gekauft. Das nachzuweisen fällt schwer.
Zahlt deine Rechtsschutzversicherung bei einer Privatinsolvenz?
Würden Rechtsschutzversicherungen bei Insolvenzen finanziell einspringen, kämen Ausgaben auf sie zu, die sie kaum kalkulieren können. Deswegen zählt die Übernahme der Kosten einer Privatinsolvenz in der Regel nicht zu ihrem Leistungsspektrum. Solltest du ein solches Verfahren durchlaufen, wird deine Versicherung nicht zahlen.
Wenn du generell über den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung nachdenkst, solltest du dich davon nicht abschrecken lassen.
Schließlich gibt es viele Situationen (dir wird wegen Krankheit gekündigt, von dir wird Schadensersatz verlangt, du möchtest von einem Vertrag zurücktreten), in denen du Unterstützung von Fachanwält:innen benötigst. Dann hält dir eine Rechtsschutzversicherung mit den Bausteinen Arbeitsrechtsschutz und Privatrechtsschutz finanziell den Rücken frei, sie trägt die Anwalts- und Gerichtskosten.
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