Pflegeversicherung – Elternunterhalt
Alles Wichtige in Zusammenhang mit dem Elternunterhalt
Das Wichtigste in Kürze
Kinder können zur Beteiligung an den Pflegekosten ihrer Eltern herangezogen werden, sofern deren finanzielle Mittel für die Pflege im Alter nicht ausreichen. Allerdings gilt seit dem 1. Januar 2020 eine Lösung, die kleinere und mittlere Einkommen schonen soll. So werden Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro aufwärts an den Pflegekosten der Eltern beteiligt.
- Wer zum Pflegefall wird, muss entstehende Versorgungslücken mit seinem eigenen Vermögen decken.
- Reicht das Vermögen nicht, können unter Umständen die Kinder zur Schließung der Finanzierungslücke herangezogen werden.
- 2020 in Kraft getretene Gesetzesänderungen bewahren vor allem Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen unterhaltspflichtig zu werden.
Wenn die Pflegeversicherung nicht ausreicht
Wir werden alle älter
Das ist eine gute Nachricht. Sie belegt, dass die Welt, in der wir leben, vielleicht doch nicht so schlecht ist, wie sie manchmal geredet wird. Der medizinische Fortschritt hat manch eine Tür in die Zukunft geöffnet, die früher verschlossen blieb. Krankheiten, die vor einigen Jahrzehnten noch unvermeidlich zum Tode geführt hätten, lassen sich heute heilen oder zumindest durch Medikamente im Zaum halten. Auch die Arbeitswelt hat sich verändert: In körperlich fordernden Berufen helfen uns oft Maschinen dabei, Belastungen zu minimieren. Und dort, wo der Körper in Mitleidenschaft gezogen wird, bieten beispielsweise physiotherapeutische Angebote eine Hilfe.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Lebenserwartung steigt. Doch dort, wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten: Mit dem Alter steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen hierzulande.
Unterschiedliche Grade an Pflegebededürftigkeit
Nun bedeutet Pflegebedürftigkeit nicht für jeden dasselbe: Hierzulande wird Pflegebedürftigkeit nämlich in Stufen bemessen, den sogenannten Pflegegraden. Aufgeteilt in insgesamt fünf Stufen können Menschen, die in den Stufen 1 und 2 eingruppiert sind, oft noch ein selbstbestimmtes Leben führen. Mobilitätseinschränkungen fallen für Betroffene oft schwer ins Gewicht – aber in Relation mit höher eingruppierten Menschen mit Pflegebedarf, kommen diese meist „über die Runden.“
Zusammenfassung
- Die Gesellschaft wird immer älter.
- Mit der hohen Lebenserwartung steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen.
- Pflegebedürftigkeit wird in Deutschland in Pflegestufen gemessen.
- Es gibt insgesamt fünf Pflegestufen.
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Hol dir CLARKDie Lücke in der Versorgung
Die Kosten eines Heimplatzes
Im Durchschnitt kostet ein vollstationärer Heimplatz pro Monat 3.350 Euro. Eine Person mit Pflegegrad 4 erhält dafür im Monat 1.775 Euro von der Pflegeversicherung, im Fall von Pflegegrad 5 sind es 2.005 Euro. Den Rest müssen die Betroffenen selbst aufbringen. Der Gesetzgeber gesteht einer zu pflegenden Person ein Schonvermögen von 5.000 Euro zu, die gleiche Summe wird dem / der Ehepartner/in zugestanden, auch wenn diese/r keine pflegenden Hilfen benötigt.
Obwohl seit 1995 Privatversicherte in die private Pflegepflichtversicherung einzahlen und gesetzlich Krankenversicherte in die gesetzliche Pflegeversicherung, klaffen also oft gewaltige Lücken zwischen dem, was die Pflegekassen für eine Versorgung (im Maximalfall einer vollstationären Betreuung) auszahlen – und den Kosten, die tatsächlich entstehen. Eine private Pflegezusatzversicherung kann die Versorgungslücke schließen und ist darum anzudenken.
Wie lässt sich eine Lücke schließen?
Um die Lücke zu schließen, können Pflegebedürftige auf folgende Einkünfte zurückgreifen:
- gesetzliche Rente
- private Rente
- Vermögenserträge
- die Monetarisierung von Vermögenswerten
Alleinstehende, die in ein Pflegeheim ziehen – oder auch Ehepaare – müssen demnach im Worst Case Szenario ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung verwerten (sofern vorhanden). Es ist allerdings möglich, eine Grundschuld eintragen zu lassen, um einen Verkauf zu verhindern. Eine frühzeitige Übertragung von selbst genutzten Immobilien auf die Kinder, Enkel oder andere Verwandte ist daher sinnvoll. Verbleibt ein Ehepartner in den eigenen vier Wänden, fallen diese unter das so genannte Schonvermögen. Nur wenn wirklich – jenseits vom Schonvermögen – nichts an Werten übrig bleibt, was sich im Falle einer Pflegebedürftigkeit zur Deckung der Gesamtkosten verwerten ließe, springt das Sozialamt als Sozialhilfeträger ein.
Du siehst: Es heißt zwar immer, alt wird man von alleine – dafür müsse man nichts tun. Doch mit Blick auf die Möglichkeit, ein Pflegefall zu werden, stimmt das nicht ganz. Wir müssen alle – ob mit zusätzlichen Kranken- oder Pflegeversicherungen fürs Alter vorsorgen.
Zusammenfassung
- Die Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der tatsächlich anfallenden Pflegekosten.
- Zur Finanzierung der Pflege beziehungsweise der Versorgungslücke muss das Privatvermögen eingesetzt werden.
- Es ist daher extrem wichtig, dass man früh genug mit der Altersvorsorge anfängt.
Der Elternunterhaltsanspruch
Die 100.000-Euro-Frage
Eine weitere Möglichkeit, die Lücke zu schließen, ist der Elternunterhalt, den Kinder zu leisten haben. Um die Kosten zu decken, kann das Sozialamt von Kindern Unterhaltszahlungen verlangen. Es spielt dabei übrigens keine Rolle, welche Art von Pflegebedarf vorliegt; das Sozialgesetzbuch regelt im §94 exakt, wer wann was zahlen muss. Wenn also ein Pflegefall vorliegt und die zu pflegende Person eine möglicherweise vorliegende monetäre Lücke zwischen erstatteten und tatsächlichen Pflegekosten nicht selbst bezahlen kann, wird das Sozialamt zwar einspringen, aber es wird gleichzeitig die finanziellen Möglichkeiten der Kinder dahingehend überprüfen, ob diese in der Lage sind, einen Elternunterhalt zu leisten. Gegebenenfalls wird es dann Zahlungen von den Kindern einfordern.
Die Grenze liegt allerdings sehr hoch: Zur Kasse gebeten werden nur Kinder, deren Brutto-Jahreseinkommen nach Abzug der Werbungskosten über 100.000 Euro beträgt. Dabei werden allerdings ALLE Einnahmen berücksichtigt, also nicht nur dein Lohn, sondern auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietungen, Verpachtungen. Nicht eingerechnet wird vorhandenes Vermögen – wie etwa ein eigenes Haus. Immobilien sind in diesem Fall eine gute Altersvorsorge.
Ein Beispiel
Bist du ein Einzelkind, unverheiratet, und verfügst über 100.000 Euro Jahreeinkommen? Dann ist die Sache einfach: Du bist ein unterhaltspflichtiges Kind und musst für deine pflegebedürftigen Eltern finanziell einspringen. Es besteht von ihrer Seite her ein Unterhaltsanspruch. Die Höhe bestimmt dabei dein von deinen Bruttojahreseinnahmen errechnetes monatliches Nettoeinkommen.
Beispiel: Dein errechnetes Nettoeinkommen beträgt pro Monat 5.000 Euro. Von den 5.000 Euro wird ein sogenannter Selbstbehalt fürs Leben abgezogen. Für dich wäre dieser Freibetrag 2.000 Euro. Bleiben 3.000 Euro. Diese 3.000 Euro werden – so ist es festgelegt – durch zwei geteilt, bleiben 1.500 Euro. Und das ist deine maximale Beteiligung an den Pflegekosten.
Auf eine Formel gebracht würde das Ganze so aussehen:
(Errechnetes Nettoeinkommen – Selbstbehalt) : 2 = maximale Beteiligung.
Zugrunde liegt der Berechnung deines Anteils die so genannte Düsseldorfer Tabelle. Die Düsseldorfer Tabelle ist streng genommen eine Tabellensammlung zu der auch jene Tabellen gehören, die etwa Unterhaltszahlungen im Falle einer Scheidung festlegen.
Zusammenfassung
- Das Sozialamt kann Elternunterhalt von Kindern verlangen.
- Zur Kasse gebeten werden nur Kinder, deren Brutto-Jahreseinkommen nach Abzug der Werbungskosten über 100.000 Euro beträgt.
- Es werden alle Einnahmen berechnet, also auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietungen, Verpachtungen.
- Die maximale Beteiligung wird folgendermaßen berechnet: (Errechnetes Nettoeinkommen – Selbstbehalt) : 2 = maximale Beteiligung.
Die unterschiedlichen Fälle
Wenn du Geschwister hast
Der unverheiratete Junggeselle mit den 5.000 Euro Netto ist nicht unbedingt die Regel. Allerdings zeigt das Rechenbeispiel jene Haupt-Schritte an, die das Sozialamt bei der Berechnung deines Anteils zunächst einmal zu berücksichtigen hat. Es wird in dem Moment schwieriger zu berechnen, in dem mehrere Geschwister da sind und zumindest ein Kind die 100.000-Euro-Grenze überschreitet. Bei der Berechnung spielen nun auch die Nettoverdienste der Geschwister eine Rolle – um deren theoretischen Anteil zu berechnen. Deren Anteile werden vom Betrag X (der Finanzierungslücke) abgezogen, da sonst die zahlungspflichtigen Kinder deren Anteile mittragen müssten. Das, sagt der Gesetzgeber, wäre aber unfair.
So oder so: Wenn für dich eine Zahlungspflicht besteht, egal, ob du unverheiratetes Einzelkind oder Teil einer Großfamilie bist – du solltest einen Steuerberater in den Prozess einbeziehen. Steuerberater sind im Fall der Fälle die fachkundigen Experten, die dir kompetent weiterhelfen können. Unterhalt zahlen musst du übrigens solange – wie es nötig ist und dein eigenes Einkommen dies möglich macht.
Schwiegerkinder
Eigentlich verhält es sich bei Schwiegerkindern recht simpel: Der Elternunterhalt wird nur von Verwandten ersten Grades verlangt – und das sind die Kinder. Allerdings gibt es ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2014 (AZ XII ZB 25 / 13), nach dem unter Umständen das Einkommen eines Schwiegerkindes sehr wohl in den Elternunterhalt einbezogen werden kann. Durch die Neugestaltung des Elternunterhaltes und dessen Inkrafttreten im Januar 2020, gilt zurzeit an sich die „simple Antwort“. Es ist anzunehmen, dass über kurz oder lang in dieser Angelegenheit wieder die Gerichte bemüht werden.
Selbstständig vs. angestellt
Für Freiberufler und Selbstständige werden in der Regel die Jahresbruttoeinkommen der letzten drei Jahre als Grundlage zur Berechnung einer möglichen Unterhaltsverpflichtung herangezogen. Wer in einer Festanstellung arbeitet, für den gilt als Bemessungsgrundlage das Jahresbruttoeinkommen der letzten 12 Monate.
Zusammenfassung
- Den Elternunterhalt zu berechnen wird schwieriger, wenn du mehrere Geschwister da sind und zumindest ein Kind die 100.000-Euro-Grenze überschreitet.
- Schwiegerkinder müssen in der Regel nicht zahlen.
- Für Freiberufler und Selbstständige werden die Jahresbruttoeinkommen der letzten drei Jahre als Grundlage zur Berechnung einer möglichen Unterhaltsverpflichtung herangezogen.
- Du musst solange Unterhalt zahlen, wie es nötig ist und dein eigenes Einkommen dies möglich macht.
Die Unterhaltsverpflichtungen ablehnen
Die Unterhaltsverpflichtungen abzulehnen ist normalerweise nicht möglich. Allerdings gibt es einige wenige Ausnahmen. Eine liefert das Bürgerliche Gesetzbuch unter § 1611, Absatz 1: „Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.“ Was hier beschrieben wird, befreit zum Beispiel Kinder von Zahlungen, die von einem Vater oder einer Mutter missbraucht oder derart vernachlässigt wurden, dass dadurch Erkankungen an Leib und / oder Seele erfolgten.
Widersprüchlich ist hingegen die Rechtsprechung gegenüber Elternteilen, die ihre Kinder verlassen haben. Ist etwa der Kontakt zwischen Vater und Sohn über Jahrzehnte abgebrochen, der Vater ist aber seinen Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen, wird dies auch vom Sohn erwartet. Hat der Vater die Familie verlassen, den Kontakt abgebrochen und sich vor seinen Zahlungen gedrückt: Dann besteht durchaus eine Chance, eine Unterhaltsverpflichtung auszuschließen. Wer eine Unterhaltszahlung, selbst wenn sie wohl begründet erscheinen mag, ausschließt, wird in der Regel nicht um eine gerichtliche Klärung umhin kommen. So gibt es gleich mehrere Gerichtsurteile, die Kinder zur Unterhaltszahlung verpflichtet haben, welche teils Jahrzehnte keinen Kontakt zu ihren Eltern hatten und – notariell beglaubigt – vor Jahrzehnten auch schon enterbt worden sind.
Zusammenfassung
- Die Unterhaltsverpflichtungen abzulehnen ist normalerweise nicht möglich.
- Kinder, die von einem Vater oder einer Mutter missbraucht oder derart vernachlässigt wurden, dass dadurch Erkankungen an Leib und / oder Seele erfolgten, müssen nicht zahlen.
- Ist der Kontakt zwischen Eltern und Kindern abgebrochen, muss das Kind zahlen, sofern das der Elternteil seinen Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen ist
- Hat ein Elternteil die Familie verlassen, den Kontakt abgebrochen und sich vor seinen Zahlungen gedrückt, besteht die Chance, die Unterhaltsverpflichtung auszuschließen.
Eine Pflegezusatzversicherung abschließen
Wer sich im Fall einer späteren Pflegebedürftigkeit keine Sorgen um deren Finanzierung machen und auch nicht den eigenen Kindern zur Last fallen will, der sollte sich frühzeitig über eine private Pflegezusatzversicherung Gedanken machen. Wie bei allen Vorsorgeversicherungen entscheiden der Moment des Abschlusses und der Gesundheitszustand des zu Versichernden über die Höhe des Tarifs. Je früher man beginnt, umso günstiger ist sie.
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